Liebe Mitmenschen,
vor wenigen Tagen feierte das Grundgesetz sein 75-jähriges Bestehen. Die
„Mütter“ und „Väter“ des Grundgesetzes haben versucht, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Mit Erfolg. Gleich der erste Artikel des Grundgesetzes hebt unser aller wichtigstes Gut hervor: unsere menschliche Würde.
Unbestritten gehört zum Menschsein die Würde dazu. Auch deshalb fordern Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten grundsätzlich eine dezentrale, menschenwürdige Unterbringung von geflüchteten Menschen. In kleineren Gruppen an vielen Orten, um
- Integration zu ermöglichen und
- die bestehenden Gemeinschaften nicht zu überfordern.
Die Idee ist, Menschen zu integrieren (indem sie zum Beispiel die Sprache und Gepflogenheiten lernen) und für alle Seiten etwas Gutes aus der Situation zu machen. So brauchen wir in Deutschland sowohl Fach- als auch gewöhnliche Arbeitskräfte (zum Beispiel Menschen, die Pakete liefern). Bekannt ist, dass bereits jetzt wir diesen Mangel an Arbeitskräfte in vielen Lebensbereichen spüren – unabhängig davon, ob eine akademische Ausbildung notwendig ist. Busse und Züge fallen regelmäßig aus, weil uns das Personal fehlt. Schulstunden, die gestrichen werden, und immer häufiger geschlossene Kindertageseinrichtungen mit Notbetreuung sind leider zur Normalität geworden – auch in Kommunen, wo Sozialdemokraten oder andere Parteien „regieren“, also den Bürgermeister oder die Bürgermeisterin stellen.
Seit 2015 hat die Zahl der geflüchteten Menschen zugenommen. Viele Kommunen, darunter auch Dorsten, unternehmen alles, um die Situation bestmöglich und vor allem menschenwürdig zu meistern. Nicht selten klagen Kommunen jedoch darüber, dass sie an der Belastungsgrenze des Machbaren sind. Dabei werden vor allem fehlender Wohnraum, Kitaplätze oder Schulplätze genannt. Um den Herausforderungen gewachsen zu sein, einigen sich einige Städte und Gemeinden mit dem Land darauf, sogenannte Zentrale Unterbringungseinrichtungen (ZUE) einzurichten. Dabei entstehen größere Schlafplätze, an denen auch die Menschen mit Sozialleistungen, die über die Verpflegung hinausgehen, versorgt werden, zum Beispiel Lernangebote für Kinder. Diesen Weg hat auch die Stadt Dorsten vor einigen Jahren (politisch mehrheitlich) eingeschlagen. Nun steht ein Standort einer solchen ZUE im Stadtteil Wulfen zwischen den beiden Ortsteilen Barkenberg und Alt-Wulfen zur Diskussion.
- Als SPD Dorsten lehnen wir die zuletzt konkretisierte Option ab, weil sie in dieser Form die bestehende Gemeinschaft in Wulfen zu überfordern und damit den sozialen Frieden im Stadtteil zu gefährden droht. In Wulfen-Barkenberg leben bereits viele geflüchtete Menschen, mehr als andernorts und auch bereits anerkannte Familien sowie Menschen, die in der Vergangenheit aus anderen Gründen nach Deutschland kamen (z. B. im Rahmen des Anwerbeabkommens – u. a. Türkei, Italien, Griechenland, ehemaliges Jugoslawien – oder als Aussiedler und Spätaussiedler – Polen und ehemalige Sowjetunion). Der Stadtteil steht deshalb bereits jetzt vor enormen sozialen, integrativen Herausforderungen. Dank des Bürgerengagements konnten bereits viele wichtige Maßnahmen angestoßen werden. Ob Integrationshelferinnen, Vereine oder Nachbarn – die Menschen helfen sich.
Eine ZUE in der vorgeschlagenen Dimension jedoch könnte dieses noch funktionierende Gefüge aus der Balance bringen. Bereits jetzt gibt es auch kritische Stimmen, die nicht aus dem rechten Milieu stammen. Menschen, die offen über ihre Ängste, Sorgen sprechen – in einem konstruktiven Ton. Vernachlässigen wir diese Sorgen, kann die Stimmung kippen.
Daher fordern wir, dass die Stadt Dorsten:
- nochmals Alternativstandorte prüft bzw. Zusammenhänge zu aus ihrer Sicht nicht in infrage kommenden städtischen Standorten näher darlegt.
Falls keine Alternative zustande kommt, soll die Stadt Dorsten:
- auf das Land einwirken, in erster Linie Familien in die ZUE unterzubringen,
- die Größe (Anzahl der Menschen) reduzieren (denkbar auf 200-250 Menschen),
- die Dauer von den geplanten zehn Jahren auf maximal sechs Jahre absenken und vor allem
- auf Dauer einen 24 Stunden Sicherheitsdienst sowie einen Sozialdienst vor Ort einrichten.
- Darüber hinaus fordern wir, dass bestehende integrative Maßnahmen, Projekte und Gruppen, die die Integration fördern, stärker unterstützt werden. Dazu zählen zum Beispiel die Träger der freien Jugendhilfe; konkrete Projekte wie das Winni-Streetwork-Projekt, aber auch die Vereine im Ortsteil, die mit ihrer wertvollen Arbeit, einen unglaublichen Beitrag zum sozialen Frieden leisten. Denkbar wären hier weitere finanzielle Mittel oder ein Ausbau der vorhandenen Infrastruktur.
Zudem fordern wir, dass Menschen ohne Bleibeperspektive bereits aus der Einrichtung heraus ausgewiesen werden und nicht einfach an die Kommune weitergereicht werden. Auch eine Stärkung der Polizeipräsenz in Barkenberg darf mittelfristig nicht aus den Blick geraten, vor allem, um das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen zu stärken.
Die SPD ist bereit, mit den politischen, demokratischen Parteien (außer mit den hasserfüllten Demokratiefeinden), der Verwaltung, den Vereinen, den Glaubensgemeinschaften und vor allem mit Bürgerinnen und Bürgern den Prozess der Integration der geflüchteten Menschen in unserer Stadtgesellschaft zu begleiten.
Wir hoffen, dass wir gemeinsam eine Lösung finden! Menschenwürdig und vor allem eine, die den sozialen Frieden wahrt und die Integration der Menschen ermöglicht.
Im Namen des SPD-Stadtverbands Dorsten
Swen Coralic